Flexible Schiene

Viele europäische Städte reizen die Flexibilität moderner Bahnsysteme aus. Hier einige der interessantesten Beispiele:




In der Stadt U-Bahn, weiter draussen Stadtbahn: Hannover

In Hannover durchqueren die Stadtbahnlinien die Innenstadt unterirdisch. Frequentierte Stationen haben Hochbahnsteige, ansonsten werden Stufen ausgefahren. So bot man schon lange vor dem Durchbruch der Niederflurtechnik ebene Einstiege, ohne dass man die Vorteile des klassischen Straßenbahnbetriebes opfern musste. Auch sonst ist der Betrieb sehr engagiert: Teilweise werden sehr lange Züge (bis zu 100 meter!) gebildet, Doppelgarnituren werden im Außenbereich geflügelt (= geteilt) und fahren in verschiedene Richtungen weiter - das spart Personal und bietet trotzdem dichte Intervalle am Stadtrand.

Das System ist damit leistungsfähiger als Straßenbahn-Netze (insbesondere auch als U-Straßenbahnen), aber lange nicht so teuer wie eine "echte" U-Bahn. Am neuen TW 2000 (unten) ist gut das System der ausfahrbaren Klappstufen zu sehen - die Züge können sowohl Stationen mit Hochbahnsteigen als auch herkömmliche Tramhaltestellen bedienen.


Die offizielle üstra-Seite




Von der Fußgängerzone aufs Eisenbahngleis: Karlsruhe

Karlsruhe war die erste Stadt, in der Zweisystemstadtbahnen in der Stadt die Tramwaygleise benützen, dann auf Bundesbahngleise wechseln und weit ins Umland fahren. Nichtmal die unterschiedlichen Stromsysteme sind ein Problem: es wird einfach von 750 V in der Stadt auf die 15000 Volt der "großen Eisenbahn" umgeschaltet!

Karlsruhe Karlsruhe
Karlsruhe Karlsruhe

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Von der U-Bahn auf die Straßenbahn: Amsterdam

In Amsterdam teilten sich Straßenbahn und U-Bahn die Gleise - Die U-Bahn wechselte einfach von seitlicher Stromschiene auf Oberleitung und teilt sich mit der Tram die folgenden Stationen. Für die unterschiedlichen Fußbodenhöhen gab es zwei verschiedene Bahnsteige.


Amsterdam Amsterdam
Amsterdam Amsterdam

Inzwischen existiert diese Mischform allerdings nicht mehr; Umstrukturierungen im Netz und ein Autobahnausbau im Bereich Station Zuid, wo der verknüpfungspunkt lag, führten zu einem Umbau auf reinen Schnellstraßenbahnbetrieb.

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Güterverkehr

Immer wieder gab es Versuche, das Gleisnetz der Tramway für den Güterverkehr zu nutzen. In Dresden ist seit 2000 die "CarGoTram" unterwegs, um Teile zwischen zwei VW-Werken zu transportieren. Mit einem Zug können bis zu 60 Tonnen fracht transportiert werden, das entspricht zwei bis drei LKW-Sattelschleppern.

in Zürich wird ein fahren "Cargotram" und "E-Tram" für die Sperrmüllsammlung genutzt, sie kommen zur Sperrmüllentsorgung an festgelegten Zeiten zu konkreten Haltestellen

In Wien war einige Zeit die "Güterbim" unterwegs; trotz des Interesses von an der Strecke liegenden Unternehmen (eine Großbäckere hat ihre Filialen zB. vor Allem an Haltestellen) wurde das EU-geförderte Projekt aber mutwillig abgewürgt.

2007 versuchte auch Amsterdam, ein Distributionssystem aus Straßenbahn und Elektrokleinlastwagen aufzubauen. Die Betreiberfirma rechnete mit 50 Zügen und 400 Kleinfahrzeugen; 2009 musste das Projekt nach vielversprechenden Tests mit zwei umgebauten Altfahrzeugen allerdings eingestellt werden, da sich die Stadt nicht an den Kosten für die nötigen Gleisbauten beteiligen wollte.

Prinzipiell ist die Idee nicht neu, die Wiener Lokalbahnen führen auf ihren Gleisen zwischen den Lokalbahnzügen vollwertigen Eisenbahnverkehr durch, und die Wiener Straßenbahn beförderte früher Fracht in großem Ausmaß. Gerade im innerstädtischen Schienenverkehr vollelektrisch könnten höhere Tonnagen transportiert werden als per LKW, allerdings sind die Manipulationskosten durch mehrfaches Umladen problematisch.


CarGoTram Dresden Güterbim in Wien
Güterverkehr auf der Badnerbahn Güterverkehr auf der Straßenbahn - Zürich




Stadtbild

Schon früher wurde gelegentlich die störende Oberleitung vermieden, wenn die Straßenbahn besonders schöne Straßenzüge befährt. Damals wurde die "Unterleitung" mit eher komplizierten mechanischen Vorrichtungen verwirklicht. Mit heutiger Elektrotechnik ist es einfacher geworden: Der Zug schaltet mit Magneten nur den Bereich direkt unter dem Wagen stromführend, sodass keine aufwändigen Schutzkonstruktionen mehr nötig sind. In Bordeaux wurde das System erstmals verwirklicht, auch Angers und Reims in Frankreich haben ihre neuen Straßenbahnnetze teilweise mit dieser Technik ausgerüstet. In Nizza wird ein kurzes stromloses Stück mit Akkubetrieb durchfahren; die Wagen der neue Linie dort werden an allen Stationen kurz nachgeladen und verkehren ansonsten ohne Oberleitung. Immer mehr Städte wählen dieses System, darunter auch einige, wo es auf das Stadtbild nicht ankäme - Prestigedenken führt auch bei neuen Tramwayprojekten gelegentlich zu überzogenen Lösungen.

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Copyright Harald A. Jahn / www.viennaslide.com

Letzte Änderung: 11.5.2020