Visionen für Wien Der neue 13er

Die schnelle Citytangente

Dieser Artikel entstand um 2001 und ist daher nur von historischem Interesse.

Der Bau der U2/5 läuft inzwischen, damit ist eine mögliche Realisierung dieses Vorschlags in weite Ferne gerückt; technisch verunmöglicht wurde er durch das U2/5-Projekt aber nicht.

Die Buslinie 13A ist an der Kapazitätsgrenze angelangt - die fortschreitende Verkehrsberuhigung in den berührten Bezirken 4 bis 8 sowie die Tatsache, dass der heutige "13er" die direkte Zubringerlinie aus diesen Bezirken zum Zentralbahnhof wird, lässt eine weitere Fahrgastzunahme erwarten. Hier Bilder aus dem heutigen Alltag: bereits kleine Störungen lassen den Verkehr regelmäßig zusammenbrechen.


Durch den Neubau der Linie 13 als Qualitätsstraßenbahn nach Muster der bekannten französischen Betriebe kann ein wesentlicher Qualitätssprung in der Beförderungsqualität angeboten werden. Die Lärm- und Staubbelastung durch die in extrem dichten Intervall fahrenden Busse kann durch fast lautlose Niederflurgarnituren und Körperschalldämmung nach heutigem Standard ausgeschaltet werden.

Als Linienführung schlagen wir eine Linie 13 vom künftigen Hauptbahnhof über die jetzige Strecke vor, allerdings verlängert bis Gürtel/U6 Nussdorfer Straße. Als Ergänzung im am stärksten nachgefragten Bereich (Bezirke 6-8) kann die heutige Linie 33 zur Pilgrambrücke geführt werden. Auch eine Verstärkungslinie zum Schottentor wäre denkbar.



Rückblick

Der "13er" war schon mal eine Straßenbahn - damals aber in ihrem veralteten Zustand eher berüchtigt. Altersschwache Fahrzeuge quälten sich bis 1961 durch enge Straßen und Bögen. Damals modernere Fahrzeuge wurden absichtlich nicht eingesetzt, um die Linie leichter auf Bus umstellen zu können. Die dafür beschafften Doppeldecker überzeugten auf Dauer aber nicht, heute werden Normalbusse eingesetzt. Diese sind der Belastung trotz dichten Intervalls nicht gewachsen. Der Einsatz von Gelenkbussen scheiterte bisher an den engen Kurven und dem damit verbundenen Parkplatzverlust.


Historisches Bildmaterial: Dr. Werner Frank (1961), aus "Linie 13" von Peter Standenat


Warum eine Straßenbahn?

Die prinzipiellen Vorteile des Systems Tramway werden hier ausführlich erklärt; der Hauptvorteil im Fall der Linie 13 ist der geringe Flächenbedarf der Schienenstrecke bei gleichzeitig wesentlich höherer Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus können beide Richtungsgleise gemeinsam in einer Straße geführt werden - diese Straßenzüge können zu Oasen in den ansonsten mit parkenden PKW übersättigten Stadtteilen weren. In Teilbereichen (Phorusplatz, Margaretenplatz) bietet sich auch Rasengleis an (die Straßenbahn hat uns einen Park gebracht", sagen die Einwohner Strasbourgs). Wieviel Platz dafür vorhanden ist zeigt sich, wenn die Straßen mal wegen Bauarbeiten gesperrt sind (Phorusplatz); so wie am rechten Bild könnten sie künftig aussehen (Barcelona).

Zum linken Bild noch ein Hinweis: In Schienenverkehrsmitteln rechnet man mit 4 Stehplätzen pro Quadratmeter, in Bussen (aus Haftungsgründen) mit bis zu 8 - so erklären sich die teilweise unterschiedlichen Angaben zum Fassungsvermögen. In der Realität sind bereits 4 Fahrgäste auf der Grundfläche einer Telefonzelle grenzwertig.
Die gezeigten 145 PKW stehen statistisch etwa 23 Stunden pro Tag ungenutzt am Parkplatz, während die öffentlichen Verkehrsmittel fast ständig in Betrieb sind und normalerweise auf Eigengrund abgestellt werden. Man müsste die PKW-Menge also noch mit etwa 24 multiplizieren. Nur so ist zu erklären, dass der Autoverkehr, obwohl stadtbildbestimmend, in Wien bereits weniger Menschen bewegt als der öffentliche Verkehr!




Montagen oben: Grüne Wien

Der neue 13er im Detail

In Folge einige wichtige Streckenteile als Beispiel.
Am linken Plan der Beginn der Trasse beim neuen Hauptbahnhof. Durch die Führung über die Argentinierstraße und den St.-Elisabethplatz kann ein langjähriger Wunsch des Bezirks erfüllt werden: der Anschluss des Elisabethviertels. Dieses ist derzeit öffentlich schwer erreichbar.

Der rechte Plan zeigt die weitere Strecke bis zur Neubaugasse: eine klare Linie statt dem derzeitigen Chaos der verschiedenen Buslinien, die dem Einbahnzirkus folgen. Zwei Haltestellen, die nur wegen der komplizierten Buslininen nötig sind und nur 100 Meter von der nächsten Station entfernt sind können aufgelassen werden; stattdessen erhält der Margaretenplatz als Grätzelzentrum eine städtebaulich sinnvolle Haltestelle.

Die Fotomontage in der Mitte zeigt die Station Gumpendorferstraße: breite Haltestellenbereiche statt der derzeit 3 Autofahrspuren lassen die Straße aufatmen.


Kartenmaterial: Copyright Stadt Wien, Datenquelle: www.wien.gv.at/stadtplan

Ein zentraler Abschnitt der Linie ist der Bereich Mariahilferstraße/Neubaugasse. Derzeit fährt der 13er ein Stück auf der Mariahilferstraße; eine Quelle für tägliche Verspätungen, bei Sperren (Einkaufssamstage) kommt es sogar zu unattraktiven Kurzführungen und Linienteilungen. Der neue 13er quert die Mariahilferstraße nur, sodass hier keine Behinderungen mehr zu erwarten sind.

Die Neubaugasse wird hingegen vom neuen 13er in beiden Richtungen durchfahren (derzeit Einbahn, eine Fahrspur, beidseitig Parkspuren; ein Teilstück ist bereits heute dem Bus vorbehalten). Wie sehr die Straße bereits durch diese Maßnahme gewonnen hat zeigt der Vergleich mit dem mittleren Bild aus den 1980er-Jahren. der damalige Bezirksvorsteher konnte sich den dann erfolgten Umbau übrigens nicht vorstellen - in einem Brief erklärte er die völlige Unmöglichkeit, den Autoverkehr aus der Neubaugasse zu verbannen (Faksimile hier / Teil 2 hier). Nun - heute ist dieser Politiker abgewählt, das Viertel problemlos verkehrsberuhigt und obendrein eine der beliebtesten Wohngegenden Wiens geworden.


Historisches Bildmaterial: Dr. Werner Frank (1961), aus "Linie 13" von Peter Standenat (links); Wiener Linien (mitte)

Das Bild oben links zeigt, dass sich die Straßenbahn in der Neubaugasse gut einfügen würde; unten drei Bildbeispiele ähnlicher Situationen (München, Nizza, Amsterdam). Das Bild ganz rechts unten zeigt übrigens einen "Trick", wenns doch mal eng wird: Für ein kurzes Stück werden die Gleise ineinander gelegt, sogenannte "Gleisverschlingungen" schaffen Platz. Die gezeigte Leidsestraat in Amsterdam wird übrigens von drei Linien in dichtem Intervall befahren!

Ein weiterer wichtiger Punkt an der Linie 13: Die Kreuzung mit der Westbahnstraße. Die Gleisverbindungen mit der Linie 49 schaffen Flexibilität: Bei Störungen kann der 13er hier zum Gürtel oder zum Ring umgeleitet werden.


Historisches Bildmaterial: Dr. Werner Frank (1961), aus "Linie 13" von Peter Standenat (links)

Die weitere Trasse der Linie wäre eher unspektakulär, als Besonderheit wäre noch das mit 66 Promille steilste Stück der Strecke zu erwähnen - die schwachen Altwagen aus 1910 schafften das aber auch problemlos (links). Ansonsten entsprechen die Straßenquerschnitte etwa der Linie 5 oder 49 (Bild rechts).


Historisches Bildmaterial: Dr. Werner Frank (1961), aus "Linie 13" von Peter Standenat (links)

Hier noch das nördlichste Stück der Neubaustrecke. Bei der Laudongasse wird der neue 13er in die Linie 5 eingebunden; die Station Skodagasse der Linie 43 und 44 kann aufgelassen werden. Ab hier folgt der 13er der bestehenden Strecke zur U6-Station Nussdorfer Straße (Gürtel). Dort kann die bestehende Schleife verwendet werden.


Kartenmaterial: Copyright Stadt Wien, Datenquelle: www.wien.gv.at/stadtplan



Mögliche Schwierigkeiten

Technische Probleme gibt es kaum, zu untersuchen wären die Einbauten (Gasrohre) in künftig eher engen Bereichen (zB Hofmühlgasse). Die Strecke wurde bis 1961 von altersschwachen Holzwagen befahren, moderne ULFe sollten mit den Steigungen keine Probleme haben. Die früher zahlreichen vorspringendenden Häuser sind inzwischen fast komplett verschwunden; auf der Strecke 13 könnte die Straßenbahn alle ihre Vorteile gegenüber dem Bus ausspielen.

Kostenschätzung: lt. Angaben der Wiener Linien kostet der Meter Gleis etwa 2000,- Euro incl. Unterbau, aber ohne weitere Maßnahmen, Haltestellen, Fahrzeuge... Das sind damit etwa 4 mio Euro pro Kilometer, damit läge die Schätzung für die Untergrenze bei etwa 30 mio Euro für die ganze Neubaustrecke.

Verkehrsführung: Zweifellos müsste der gesamte Individualverkehr in den Bezirken 4-8 neu organisiert werden. Wir schlagen die weitgehende Sperre der heutigen Schleichwege parallel zu Gürtel und Zweierlinie vor. Mit dem neuen Hauptbahnhof würden die derzeitigen Straßenzüge entlang des 13ers endgültig durch den Autoverkehr überlastet. Die Zufahrt zu den Wohnvierteln entlang der Strecke ist natürlich weiterhin möglich: mit Schleifenlösungen ähnlich der Innenstadt oder entlang der Linie 49.

Parkplätze: Die entfallenden Stellplätze entlang der Strecke werden in bestehende oder neue Garagen verlagert. Schon heute findet man entlang der Strecke zahllose Angebote von freien Garagenplätzen. Derzeit sind Tiefgaragen bei den Anrainern nicht durchzubringen, Bürgerinitiativen bekämpfen jedes neue Projekt, da durch erhöhtes Parkplatzangebot zurecht Mehrverkehr befürchtet wird. Die Straßenbahn schafft umweltfreundliches, stadtverträgliches Verkehrsangebot und Platz für die Anrainer an der Oberfläche, damit lassen sich Tiefgaragen argumentieren. Grob geschätzt sind gerade mal 400 Parkplätze betroffen (das sind die Fahrgäste von 2-3 Straßenbahnzügen).

Bauphase: die Strecke kann abschnittsweise gebaut werden, sodass die Beeinträchtigungen gering bleiben. Wahrscheinlich wird die Verlegung der Versorgungsleitungen (Gas, Wasser...) sogar stärker auffallen als die eigentlichen Gleisbauarbeiten, die nur wenige Wochen dauern (natürlich wandert die Baustelle dabei entlang der Strecke).

Anbindung Südtiroler Platz / U1 / Hauptbahnhof: Hier gibt es einige Varianten mit Vor- und Nachteilen. Wir haben beispielhaft die Variante Elisabethplatz gezeigt, die dieses Viertel erschließt, dafür aber die U1 schlechter anbindet. Ebenso denkbar wäre eine Führung durch die Weyringergasse.

Lieferverkehr Neubaugasse: Wir schlagen vermehrte Zulieferung über Ladezonen in den querenden Seitengassen vor; auch Gleisverschlingungen können punktuell Platz für Ladezonen schaffen. Auch zu Zeiten des ersten 13ers wurde der Lieferverkehr so abgewickelt (es gab damals übrigens wesentlich mehr Geschäfte entlang der Strecke als heute - das Argument, die Kunden kämen überwiegend mit dem Auto ist schlicht falsch!)

Kurzführungen, Zwischenschleifen: Gleisschleifen sind für Kurzführungen notwendig. Wir haben folgende Schleifen angedacht: Pilgramgasse-Re.Wienzeile-Schönbrunnerstraße (Bild); Damböckgasse-Esterhazygasse-Mariahilferstraße oder -Gumpendorferstraße (bei Sperre der Neubaugasse); Ableitungsmöglichkeiten über die Strecke 49; Gleisverbindung mit Linie 46 bei der Lerchenfelder Straße und/oder Linie 2 Josefstädter Straße.


Im Sommer 2010 anlässlich der Wienwahl kam der "neue 13er" unerwartet stark in die öffentliche Diskussion. Nachdem die Grünen ursprünglich leider nicht für die Straßenbahnvision als Wahlkampfthema zu gewinnen waren, kam das Liberale Forum auf mich zu. Nachdem sich auch in der Wiener Bevölkerung die Stimmung langsam zugunsten der "Bim" wendet, empfahl ich den Straßenbahnausbau und speziell den 13er zu thematisieren. Unter www.buergerstadtwien.at entstand dann eine Website der "Bürgerinitiative Pro Tramway".

Das Thema fand dann überraschend starken Niederschlag in der Kronen-, Österreich- und Bezirkszeitungen - was dann doch wieder die Grünen wach werden ließ, die sich nun endlich, nach anfänglicher Vorsicht, ebenfalls für den 13er stark machen. Mit einer eigenen Homepage wurde für den 13er geworben: wien.gruene.at/dreizehner (inzwischen offline). Am 20.9.2010 gab es eine Pressekonferenz, bei der alle Bezirksvorsteher-Kandidaten der Anrainerbezirke das Projekt präsentierten.


In der "heissen" Phase des Grünen Gemeinderatswahlkampfes hielt ich gelegentlich Vorträge zum Thema.

Hier die Präsentation zum durchklicken
(etwas laden lassen, dann mit den Pfeiltasten links/rechts navigieren; ich empfehle Vollbildansicht).

Nach der Wahl 2010 war der 13er Thema des Rot-Grünen Koalitionsabkommens, verschwand dann allerdings aufgrund der "hohen Kosten" von ca 100 mio Euro zugunsten billigerer Tramwayprojekte in der Peripherie - angeblich, auch diese wurden nicht realisiert (ausser der sowieso bereits fix geplant gewesenen Linie 25 in Kagran).

Inzwischen wurde die Mariahilfer Straße zur Fußgängerzone, der 13A auf eine abenteuerliche Umleitungsstrecke geschickt. Nun quälen sich Gelenkbusse durch schmale Seitengassen und um enge Kurven - Eine Aktion der Busfahrergewerkschaft, gedeckt vom verantwortlichen (roten) Ressort, um das Fußgängerzonenprojekt zu torpedieren. Mehr denn je wäre eine Straßenbahnlinie 13 notwendig, die Stadt Wien möchte aber eine U-Bahn bauen, die die Route teilweise abdecken und entlasten soll...

Update 2022: Nach langem Gezerre und der Drohung, den 13A künftig wegen der U2/5-Baustelle zweigeteilt zu führen willigte der 7. Bezirk im Sommer 2019 endlich ein, den 13A in beiden Richtungen durch die Neubaugasse zu führen. Damit entfällt zumindest die Umleitung, die der Linie bereits deutlich Fahrgäste gekostet hat. Die Neubaugasse wurde zu einer Begegnungszone ausgebaut, die sich weitgehend bewährt und eine ganz neue Qualität in den Stadtteil gebracht hat. Wermutstropfen: Für die nächsten 20 Jahre ist damit eine Straßenbahnlinie 13 außerhalb aller Wahrscheinlichkeit.





Faksimile:
Brief der Bezirksvorstehung 1070, 6.6.1991 - Ausschnitt 1 - Ausschnitt 2

Die Machbarkeitsstudie Straßenbahnlinie 13 als Download auf der Seite des Rathauses

Kartenmaterial: Copyright Stadt Wien, Datenquelle: www.wien.gv.at/stadtplan
Historische Bilder aus "Die Linie 13" von Dr. Standenat


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Copyright Harald A. Jahn
Mitarbeit: Bernhard Schandl, Martin Niegl. Letzte Änderung: 19.2.2024