Utrecht, Leidsche Rijn: Eine Ode an die Europäische Stadt

Namensgeber war der Amsterdam-Rhein-Kanal; das Gebiet ist die größte Stadtentwicklungszone der Niederlande, ein "Vinex-Viertel": Außenbezirke großer Städte werden mit einigen Auflagen als Flächen für Neubauviertel gewidmet.
Das Zentrum des Areals wurde bewusst nach dem Muster klassischer Städte angelegt: Blockrandbebauung, Geschäfte statt einem Einkaufszentrum, ein Hauptplatz. Auffallend bei derartigen Projekten in den Niederlande ist die hohe Qualität der Bauten und öffentlichen Räume.
Der Brusselplein ist der "Hauptplatz" der Gegend, ein gelungener Platzraum, der auch in jeder gewachsenen Stadt so aussehen könnte: Cafes, Bäume, ein Markt, als Kopfgebäude eine öffentliche Bibliothek. Der große Supermarkt ist auch an der Fassade ablesbar, hinter einem Risalit mit Art-Deco-Anklängen ist eine elegante, mehrere Stock hohe Eingangshalle. Die großen Retail-Flächen sind ebenso hinter den Wohnhäusern gut versteckt wie die PKW-Hochgarage und das Fahrradparkhaus, nur das beige Portal ist zum Platz hin sichtbar. Sehr vorteilhaft ist die durchgehend hohe EG-Zone im ganzen Viertel, die den Geschäften und Cafes "Luft zum Atmen" gibt.
Eine Autobahn quert das Gelände Nord-Süd, sie ist eingehaust, auf dem "Deckel" liegt ein großer Platz und Park. Der Höhensprung zu der Betonschachtel wird geschickt genützt, generell ist es eine sanfte Böschung, beim "Hof van Monaco" ist die Kante stärker ausgeprägt, da "unten" ein historisches Gebäude erhalten blieb, es dient heute als Gemeindezentrum ("Rechtstreex Leidsche Rijn“). Der Schwung der Arkadenmauer folgt der Straße, die hier früher war. Ansonsten liegen um den Park herum Schule und Kindergarten, dahinter geht es dann mit großvolumigeren Mixed-Use-Blöcken weiter.
Der "Berliner Platz" ist die Freifläche auf der Autobahneinhausung. Auf einem noch unbebauten Grundstück gibt es kulturelle Zwischennutzung, eine Art Nachbarschaftszentrum, das allen offensteht, dazu noch einige Künstlerateliers. All das soll später in das noch zu errichtende Gebäude übersiedeln, die "Pioniere" bleiben also - eine Sache, die in Wien leider nie klappt, hier werden die Zwischennutzer ja bei Projektstart immer vertrieben, was zu unschönen Konflikten führt und die entstehende Nachbarschaft wieder zerreißt. Im Norden empfängt die luftige Busstation die Besucher, alte Bahnsteigdächer von Utrecht Centraal warten auf die Nachnutzung als Markt.
Die „Academie Tien“ von de Architekten Cie von 2024 ist eine Schule für 1600 Schüler. Im öffentlichen (!) Dachbereich stehen Figuren von Elisabet Stienstra (Droomtheater/Traumtheater). So etwas ist typisch für die niederländische offene Denkweise: Der Schulhof liegt am Dach des Turnsaals, und es ist fast selbstverständlich, dass man als Passant über einige Terrassen hinaufgehen und den Bereich nutzen kann. Auch die Wettkampfsporthalle wird abends und am Wochenende über die Gemeinde Utrecht vermietet und verfügt daher über einen eigenen Eingang.
Der Bereich Richtung Stadtzentrum ist dann weniger dicht bebaut. Als Provisorium gibt es einige Containerhäuser für sozial schwache Gruppen, die noch einige Jahre hier bleiben werden. Der Bebauungsstreifen endet an der Dafne Schippersbrug, sie ist der direkte Verbindungsweg per Fahrrad Richtung Zentrum (ca 10 Minuten Fahrzeit).
Diese Brücke ging durch alle Architekturmedien: Sie verbindet das historische Zentrum und den Bahnhof mit dem Stadtentwicklungsgebiet und überquert den Amsterdam-Rhein-Kanal.
Besonders schön ist die stadtseitige Auffahrt. Die Fahrbahn verläuft in angenehmer Steigung in einer Schlaufe und führt über das Dach einer Schule, in der Schlaufe ist der Schulhof. Das stadtauswärtige Gelände liegt höher, hier endet der Radweg direkt in der neuen Bebauung.
Lageplan
Alle Viennaslide-Bilder zum Entwicklungsgebiet Leidsche Rijn
Genauere Informationen zum Projekt auf WienSchauen (Deutsch)
Informationen, Pläne, Fotos auf der Website der Landscape Biennal Barcelona
Raum Utrecht, die Website der Initiative am Berlijnplein
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Letzte Änderung: 1.11.2025