Auf Schienen in die Zukunft?

Zur Jahrtausendwende war mit der Fertigstellung von U3 und U6 das erweiterte Grundnetz vollendet. Die ersten beiden Ausbaustufen hatten der Stadt neben dem wichtigen Innenstadtkreuz U1/U3 eine über die Donau verlängerte U6 gebracht. Großes Manko des Systems war die kurze U2, ein Torso seit der Eröffnung 1980. Die dritte Ausbaustufe behob das Problem endlich, indem die U2 unter dem Donaukanal zum Praterstern und weiter zum Stadion geführt wurde. Darüber hinaus wurde die U1 nach Leopoldau verlängert. Zum Ende des Jahrzehnts erhielt die U2 eine weitere Verlängerung nach Aspern, das Netz wuchs damit auf fast 75 km Länge.

Eigentlich wäre das Netz damit weitgehend komplett gewesen, allerdings ist das System U-Bahn-Bau inzwischen so eingespielt, dass man nicht zu bauen aufhören will. Seither hat die Südverlängerung der U1 die Straßenbahnlinie 67 nach Oberlaa ersetzt, bei wie üblich längeren Zugangswegen für die Fahrgäste. Kurz vor Baubeginn wurde entschieden, nicht nach Rothneusiedl zu bauen; man will sich aber die Möglichkeit offen lassen und hat eine Gabelung der Linie baulich vorgesehen.

In den Verhandlungen zur rot-grünen Stadtkoalition 2010 wurde von den Grünen die Wiedererrichtung der Straßenbahnlinie 13 gefordert; die Wiener Linien wollen die Relation aber mit einer neuen U-Bahn entlasten. Das Projekt U2/5, das erstmals um 2003 bekannt wurde, wird nun tatsächlich gebaut. Die von den Grünen geforderten Straßenbahnlinien wurden dagegen fast alle abgesagt; die "Wienerberg-Tangente" ist nun eine Bustrasse, für die etliche alte Bäume gefällt wurden. Der neue Ast der Linie 67 ist in weiter Ferne, die Verlängerung des O-Wagens hat es nur ins Nordbahnhofgelände geschafft, die wichtige Weiterführung zum Friedrich-Engels-Platz wird wegen möglicher Parkplatzverluste wie üblich vom Bezirk nicht gewünscht. Zumindest die Verlängerung der Linie D durch das Hauptbahnhofgelände wurde realisiert. Die Pratertangente - die Verlängerung der Linie 18 zum Stadion - wäre eine wichtige Verbindung und würde die Linie gleichmäßiger auslasten; zumindest sie ist inzwischen tatsächlich in Bauvorbereitung. Die Straßenbahnlinie 13 ist durch die U2/5 auf absehbare Zeit gestorben.

Grundidee der U2/5-Planung ist, die über die Südbahn einströmenden Pendler auf drei U-Bahn-Linien zu verteilen und damit die U6 udn U1 zu entlasten. Allerdings ist die Station Matzleinsdorfer Platz aufgrund der Höhenlage und der beengten Platzverhältnisse nicht sehr geeignet; auch bei den weiteren Haltestellen (Pilgramgasse, Mariahilferstraße) müssen bestehende Strukturen (Wienfluss, U3) tief unterfahren werden. Die einzige neue Station ist in der Gegend Bacherplatz, was zumindest für dieses nicht gut erschlossene Viertel eine deutliche Verbesserung bringt. Die Ausbindung aus der Bestandsstrecke zwischen den heutigen U2-Stationen Schottentor und Rathaus bedeutet den dritten Umbau der erst in den 1960ern errichteten früheren Straßenbahntiefstation (nach dem Umbau zur U2 um 1980 und der Verlängerung der Bahnsteige nach 2000). Durch den Wegfall attraktiver Umsteigepunkte zu den Linien 46, 48A und 49 verschlechtert sich die Situation in der Relation Westen - Praterstern - Messe - Stadlau. Der verbleibende Rest der U2, die kurze Strecke zwischen Karlsplatz und Landesgericht, soll als U5 weiter betrieben und erst später über Michelbeuern zum Elterleinplatz verlängert werden. Es wäre zwar ideal, dieses kurze Stück wieder zum Straßenbahntunnel rückzubauen und neue Durchgangslinien einzuführen, das ist für die Wiener Linien aber natürlich undenkbar. Stattdessen soll die Strecke auf fahrerlosen Betrieb umgerüstet werden, mit Bahnsteigtüren und automatischen Fahrzeugen.

Der Bau der U2/5 ist durch Umschichtungen von Geldmitteln von früheren, abgesagten Projekten (U2 ins Arsenal) möglich; die Rumpflinie U5 zum Landesgericht hat aber erst Verkehrswert, wenn sie zumindest bis Michelbeuern führt.

Inzwischen wurde bereits ein Architektenwettbewerb zur Gestaltung der künftigen Stationen abgewickelt, Sieger ist eie Arbeitsgemeinschaft aus den Wiener Architektenbüros YF Architekten und Franz Architekten. Ein Klick auf das Bild führt zu Videos der Linie U2/5 (Wiener Linien). Leider lässt der Entwurf die frühere Stringenz der U-Bahn-Architektur vermissen, die Aufnahmegebäude wirken technoid-wuchting und nicht sehr urban. Wegen hoher Angebotspreise wurde neu ausgeschrieben und der Baubeginn stark verzögert; die Baukosten explodieren schon jetzt. Nun spricht man schon von 2,1 Milliarden Euro - ein Monsterprojekt ohne viel Neuerschließung, das den 6./7. Bezirk sogar überversorgt. Leider wird die prinzipielle Sinnhaftigkeit in den medien nicht hinterfragt.


Möglicher Netzplan um 2030
ORF: U2/U5-Bau soll 2,1 Milliarden Euro kosten (17.12.2020)
Wiener Linien, Projekthomepage U2/U5
Stadtplanung, Ausbau des ÖV

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