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Artbeeren

Als ich die ersten Bausätze von "Artbeeren" auf einer Kleinserienmesse sah, dachte ich mir, "endlich noch so ein Irrer wie ich". Ich besorgte mir dann drei Bausätze, um zu sehen, wie sie konstruiert sind uns stellte fest: Der Mann ist offensichtlich mit seinen Laser verheiratet.

Ich begann mit dem "Nebengebäude", einem kleinen neutralen Hofhaus. Die Konstruktion ist raffinierter als meine eigene Technik, vor Allem sind die Gebäudeecken auf Gehrung gelasert (Foto rechts); das habe ich immer vermieden, da ich in Acrylglas arbeite. Für so kleine Gebäude ist Finnpappe aber eigentlich besser geeignet. Zweiter Punkt: Herr Imb - so heißt der Künstler - hat das Relief im Griff, er "schnitzt" mit dem Laser Details, die ich eher ätzen würde. Die Fensterrahmen oder Dachflächen sind beindruckend, wenngleich da manchmal die Grenzen spürbar werden (Mitte).

Der Zusammenbau verläuft zügig und unspektakulär, auf einen kleinen Konstruktionsfehler bin ich gestoßen, der war aber mit dem Stanleymesser sofort behoben. Sehr geschickt die Kastenfenster mit innerer und äußerer Ebene - ich setze da ja ein Plexiklötzchen ein, bei Artbeeren sind es tatsächlich zwei separate Folienflächen! Dabei kommen die Fensterrahmen (Bristolkarton) bereits mit der Folie verklebt, gutes Service, nicht jeder hat Sprühkleber griffbereit.

Diese Qualität hat natürlich ihren Preis. Das winzige Hofhaus (ich habe es zum Größenvergleich mal neben mein letztes Projekt gestellt) kommt auf € 39,-; Nachdem ich den Konstruktionsaufwand beurteilen kann, ist das durchaus im Rahmen, viel Anlagenfläche bewältigt man mit diesem Objekt von 16 x 4 Zentimetern allerdings nicht. (Der ungleich größere und komplexere Gewerbebetrieb links davon hat mich ca € 200,- gekostet, die eigene Konstruktionsarbeit nicht eingerechnet.) Auf den Fotos unten das fertige Häuserl; die Regenrinne habe ich noch nicht montiert.

Das zweite "Testgebäude", ist deutlich komplexer: Ein "Zwerchhof". Laut Wiki kommt der Name von ärmlichen Bauernhöfen im Osten Österreichs, die Fassade passt aber gut zu vorgründerzeitlichen Wiener Vorstadthäusern. Da wäre der Hoftrakt zwar deutlich tiefer, ich habe aber eine Häuserzeile auf der Anlage, in die sich das Modell gut einfügt.

Ich habe die vielen Kartonrahmen nicht fotografiert, die sich in der Verpackung stapeln; beeindruckend, aus wie vielen Schichten die Stuckfassade aufgebaut ist. Am Foto rechts habe ich einige Elemente bereits montiert. Nachteilig ist, dass bei den Simsen die offene Kante des Kartons nach vorne zeigt; die offenen Poren nehmen die Farbe anders auf als die glatte Fassadenfläche, hier wäre ein Abdeckstreifen oder ein Polystyrolsims vielleicht vorteilhaft.

Die Konstruktion ist auch hier sinnvoll und präzise, der Zusammenbau macht Spaß, die Bauanleitung ist umfangreich und deutlich. Ich empfehle trotz der scheinbaren Einfachheit die beschriebene Reihenfolge einzuhalten, ich habe das zweimal nicht gemacht und mich dann über mich selber geärgert. Der typische Kleber für dieses Material wäre (verdünnter) Weißleim, ich habe aber rasch zu UHU Hart gewechselt, um ein Aufquellen des Materials zu vermeiden.

Der zweilagige Aufbau der Kastenfenster ermöglicht Gags wie Fensterpolster (!) zwischen den Ebenen - das ist natürlich High End. Die bereits mit der Folie verklebten Fensterkreuze verunmöglichen allerdings die Änderung der Farbe, ich habe daher die inneren Fenster umgedreht, um etwas mehr Kontrast zu bekommen. Kleiner Kritikpunkt: der Steg, mit dem die Teile am Rahmen hängen, könnte an unauffälligerer Stelle plaziert werden, er ist immer in der Mitte der Bauteile und damit nach dem Abknipsen kaum wegzubekommen; auch die Feile hilft hier nicht, da die Kartonfasern bei Laser- oder Messerschnitt unterschiedlich Farbe aufnehmen. Man sieht daher in der Mitte der Stuckteile immer ein kleines "Wuckerl".

Noch ein Plus-Minus: Die beigelegten Hintergründe für das Geschäft (Apotheke, Greisslerei) sind sinnvoll, endlich hat da mal wer nachgedacht und größenrichtige, passende Kulissen gestaltet. Allerdings wäre es kein Aufwand gewesen, den Geschäftsraum in seiner ganzen Tiefe in der Konstruktion nachzubilden. Ich habe das entsprechend erweitert und den Raum mit gelaserten Regalen und einem Verkaufspult ergänzt; das könnte man noch weiter ausreizen, ich habe darauf verzichtet, weil das Haus nicht im Anlagenvordergrund steheh wird. Außerdem habe ich Etagen eingezogen, weil mir die Gardinen hinter den Fenstern nicht so gut gefallen, sie nehmen viel an Tiefe weg.

Zuletzt noch das Dach: Präzise Passform, feine Struktur, bestens! Bei meinen Gebäuden ist das Dach oft ein Schwachpunkt, die Idee, nur die Dachaut über die Fassade zu ziehen und mit der Konstruktionsplatte dahinter zu bleiben werde ich mir abschauen. Allerdings sind meine Häuser deutlich größer: Die Artbeeren-Projekte sind zu wenig tief, ein Modellbahn-Kompromiss.

Mit der Ardbeeren-Technik der zweilagigen Kastenfenster funktionieren auch geöffnete Flügel (ich habe das mit geätzten Teilen realisiert, vergl. das ähnliche "Gasthaus Sittl"); für die Verklebung Kante auf Kante empfehle ich Humbrol Clearfix, das ist sowas wie ein dickflüssiger Klarlack.

Fazit auch hier: Ein tolles Gebäude, seine € 79,- auf jeden Fall wert, viele Quadratzentimeter bekommt man aber nicht um das Geld. Was mir noch sehr gefallen hat: Beim Geschäftsportal (am mittleren Foto in weinrot) hatte ich Probleme mit dem Lack, Herr Imb hat mir ohne Berechnung problemlos sofort einen Ersatzteil zugesandt.



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