Ein kleines Stück Amsterdam

Nach einem hinreissenden Amsterdam-Urlaub habe ich bemerkt, dass es von Faller einige passende Modelle gibt. Dazu kam noch ein Amsterdamer Combino. Nun entsteht ab November 2005 als "Zwischendurch-Bastelei" ein kleines Diorama in der Größe von 40/100 cm. Einige weitere Modelle habe ich von Holland Scale bestellt, das Boot ist von Artitec.

Zuerst habe ich ein wenig rumskizziert, um die optimale Aufteilung zu erreichen. Etwa ein Meter ist das Diorama breit, 40 cm tief (an das Regal angepasst, in dem das Ding später stehen soll)

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

Die Situation ist entfernt an die Stelle angelehnt, wo die Straßenbahn von "Spui" zu "Singel" einbiegt. Dort fährt sie eine S-Kurve (in Wirklichkeit allerdings weitläufiger und zweigleisig) und kommt dabei an meiner Stammkneipe vorbei, in deren Wintergarten ich schon hinreissende Abende verbracht habe. Eine andere Stelle, an der die Tram eingleisig direkt an einer Gracht entlangfuhr, ist leider eingestellt - an der Amstel gab es das. Meine Bebauung ist etwa im Stil des Stadtteils Jordan; hier drei Aufnahmen des ungefähren Vorbilds.

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Es beginnt mal mit einer Stellprobe, um die ideale Lage und Platzaufteilung herauszufinden. Ich lege das Grachtenufer leicht schräg über die vorhandene Fläche. Dann werden die Häuserblocks festgelegt und Grundplatten aus Plexiglas zugeschnitten. Diese ersten Fotos sind vom 5. November 2005 (unfassbar, dass ich genau drei Jahre später immer noch an diesem Ding rumbastle, aber davon später).

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Hier wurden die inzwischen eingetroffenen restlichen Bausätze zu einigermaßen glaubhaften Häusern kombiniert, die Originalbausätze sind zu klein und einheitlich. Das Eckhaus bekommt im Erdgeschoß ein typisches "Braunes Cafe" eingebaut, die Stockwerke erhalten Holzbalkendecken und Wohnungen. Ganz rechts das gesamte Ensemble. Die "Brücke" rechts zeigt die spätere Höhe der Kaimauer.

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Das Eckhaus komplett mit Beleuchtung - das Dach fehlt noch. Im obersten Geschoß ist eine Galerie untergebracht, darunter eine Privatwohnung. Amsterdamer Häuser bieten sich für eine vollständige Inneneinrichtung an, da man oft auf Vorhänge verzichtet und tiefe Einblicke zulässt.

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Die Stimmungsbilder der beleuchteten Häuser gefallen mir schon recht gut :-)

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So, weiter gehts - nach einer kleinen Weihnachtspause kommt nun der linke Teil der Straße dran. Ich wollte aus den wenigen Grundformen der Modellbausätze ein möglichst abwechslungsreiches Straßenbild komponieren, rechts das Ergebnis, mal zusammengestellt. Links noch ein Bild eines Zimmerchens von hinten!

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Ein kleines Experiment: ich möchte im Restaurant möglichst orginalgetreue Lichstimmung erzeugen und hab' ein bisserl getüftelt. Ich dachte an romantisches Kerzenlicht, hier mal ein Test (der Herr hat das Trinkgeld schon bereit gelegt)... Das Bild rechts zeigt die Konstruktion der indirekten Beleuchtung: Ein Waggonbeleuchtungssatz und ein Plexistreifen. Die Vertiefungen für die Dioden habe ich im Plexi eingesägt, dann die Kette mit Superkleber mit dem Streifen fix verbunden. Daran kam dann ein Profil als Bank, dann wurde das ganze braun lackiert.

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

Die Amsterdam-typischen Schilder habe ich im April 2006 vor Ort abfotografiert und in verschiedene Endformate verkleinert. Das ganze wird dann im Fotolabor ausbelichtet und ausgeschnitten. Die schwarzen Linien sind Zentimeter, ich habe die Schilder in verschiedenen Größen zusammenkopiert, um dann das passendste auszusuchen. Als Hintergrund und Ausschmückung ist das bestens geeignet: links das Vorbild, rechts meine kleine Pizzeria.

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

Das sind die restlichen Stockwerke des über der Pizzeria liegenden kleinen Gay-Hotels - wer Lust bekommen hat: das Hotel Orfeo gibt's wirklich, es liegt nahe des Leidseplein und ist ganz reizend; die Zimmer sind nicht allzu groß, aber die Lage ist super!

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

Hier noch einige Details des Baus. Die separat beleuchteten Fenster bzw Zimmer machen einen völlig anderen, vorbildgetreuen Eindruck als die Modellhäuser, die mit einer einzigen Glühbirne ohne Zwischendecken etc. erhellt werden. Die Arbeit ist allerdings so immens, dass schon wieder Monate vergangen sind: die Detailfotos zeigen nur die Zimmer der beiden Häuser ganz links am Diorama nach einem Bastelanfall im Dezember 2007... Allerdings habe ich in der Zwischenzeit eine Wohnung im Maßstab 1:1 umgebaut, eingerichtet und neu bezogen :-)

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

Zeit für eine Skizze des Endzustandes; mir fällt nun auf, dass das Loch in der Mitte störender ist als ich dachte. Mal sehn, bei Artitec gibts die Fassade eines gut passenden Theaters - das würde den Platz recht fein abschließen.

Diorama Amsterdam

Aus Sperrholz habe ich endlich das Plateau der Straße gebaut, nun wird alles gleich sehr plastisch. Die Straßenbahngleise wurden aus Swedtram-Profilen zusammengelötet, die Gehsteige werden - typisch Amsterdam - einfach aus Ziegelmauerplatten gebaut. Weit kommt die Tramway zwar nicht, aber ich werde vielleicht noch ein ergänzendes Oval basteln, damit man wenigstens im Kreis fahren kann. Eingerahmt habe ich die Gehsteige mit Randsteinen aus Polystyrolstreifen - das ist nötig, um eine genaue Kante für den Gips der Fahrbahn zu bekommen.

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

...und schon gehts los mit der Gipserei. Erstaunlich, dass in diese flache Fahrbahn-Wanne zwei ganze Töpfchen Moltofill reinpassen! Ich rühre das Molto immer so an, dass es eine teigige Konsistenz hat. Wichtig: Immer Gips in Wasser streuen, nicht umgekehrt - und unter ständigem Rühren immer wieder was dazutun, bis es schön cremig ist. Dann mit Staubzucker servieren und... halt, falsches Rezept ;-) Wenn die Masse durchgetrocknet ist, hoble ich mit einer Japanspachtel alles schön glatt, kleine Löcher werden dann noch mit Spachtelkitt ausgebessert.

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

Nun mach' ich wieder eine kleine Pause, hier ein Bild des Bauzustandes vom 2.1.2008. Ich warte auf die Artitec-Hintergrundkulissen, um das Loch in der Mitte nach hinten zu schließen, ausserdem baue ich nun während der Feiertage an der großen Anlage weiter.

Diorama Amsterdam

Februar 2008: Vor einiger Zeit sind die Hintergrundhäuser eingetroffen, nun komme ich dazu, weiterzuarbeiten. Erst muss unter großer Staubentwicklung die Hinterfläche abgeschliffen werden, um die Fenster von den "Schwimmhäuten" zu befreien und eine plane Auflage für die Verglasung herzustellen. Von maschineller Bearbeitung rate ich ab, zu schnell kommt man dabei zu tief ins Material (rechts).

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

Eine kleine Stellprobe zeigt: Schön wird das, das Kaufhaus passt gut (besser als das zuerst geplante Theater), die beiden Giebelhäuser links daneben werden den Abschluss der weglaufenden Gasse bilden. Neue Aufgabe: Die Schaufenster des Kaufhauses benötigen Dekoration, hier werde ich wieder selbstgemachte Fotos einsetzen. Die darüberliegenden Fenster können wie bei Kaufhäusern durchaus üblich blickdicht dekoriert werden. Ich seh schon wieder, jede Menge Arbeit wartet auf mich...

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

Nach Stunden kontemplativer Malerei sind die Fassaden nun äusserlich fertig. Der Unterschied zwischen den Artitec-Kleinserienfassaden und den Großserienmodellen ist verblüffend, das hier sind "richtige Fassaden", offensichtlich nach konkreten Vorbildern massstäblich angefertigt. Das reich geschmückte Haus ist ein schöner Blickfang in der "zweiten Reihe" an der Hinterkante des Dioramas. Das Kaufhaus ließ ich dagegen absichlich eher schlicht, es ist ein interessanter Kontrast zu all den Giebelhäusern.

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

Wieder eine lange Pause - ein wunderbarer Sommer lag dazwischen, tausend andere Dinge waren wichtiger, aber im November 2008 komme ich endlich dazu wieder regelmäßig weiterzubasteln. Endlich geht es um die Dächer und um viele Komplettierungsarbeiten, einige Fehler und Unüberlegtheiten rächen sich jetzt. Nun folgen ein wenig die "Mühen der Ebene": Tausend Kleinigkeiten, die kaum sichtbar, aber notwendig sind. Ich bin froh, die aufwendigen Sachen schon zu Beginn gebastelt zu haben, langsam verlässt mich die Geduld. Kein Wunder, wenn man fast 20 Miniwohnungen liebevoll einrichten soll! Ich habe den Arbeitsaufwand echt unterschätzt, gerade die extrem kleinteilige Architektur Amsterdams lässt die Arbeit komplett ausufern, dabei fehlt noch die Gracht, das Hausboot und die Brücke! Auch die Kosten sind höher als gedacht: Alles zusammen sind sicher schon 1000 Euro überschritten, unglaublich! Vor allem das Kleinzeug (Figuren, Details, aber auch Dach- oder Mauerplatten) gehen ins Geld. Die Bilder sind vom 5.11.2008, genau drei Jahre nach Baubeginn!

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

Wichtigste Lehre: Planung ist alles. Der mittlere Baukörper ruht auf einer stabilen Plexiglasgrundplatte, die sich gut mit dem Sockel verschrauben lässt. Das habe ich mir bei den äusseren Baublocks gespart, und das rächt sich nun. Polystyrol alleine ist zu weich, die Dinger verziehen sich, Verklebungen halten dem auf Dauer nicht Stand, ich muss an einigen Stellen reparieren und rumpfuschen.

Jetzt kommt das ganze Kleinzeug dran: Das schöne Bild will belebt werden, und das heisst Details, Details, Details... Alleine die Preiserleins artgerecht zu füttern verlangt dem trüben Auge schon einiges an Sehkraft ab, die mikroskopischen Portionen machen zwar der Nouvelle Cuisine in Innenstadtlokalen Konkurrenz, wollen aber sachgerecht auf den Tellerchen verklebt sein. Die Gläser und Flaschen sind spröde und springen leicht von der Pinzette, jegliche Suche am Fußboden ist natürlich sinnlos. Ein guter Trick für die Blümchen: Glaserkitt in die Töpfe, Blumen rein, einige Tage trocknen lassen. Das Kaufhaus im Hintergrund bekommt Laternen zur Belebung des Szene.

Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam Diorama Amsterdam

So langsam ist der Endspurt in Sicht. Was noch fehlte war der Vordergrund, nach längerer Suche konnte ich noch ein Reststück Plexiglas mit Wellenoberfläche bekommen. Mit Harz wollte ich nicht rumpatzen, am Acrylglas kann ich Schiff und Brücke sauber verschrauben. Hier also die letzte "Baustufe". Die Brücke muss natürlich die typischen Lämpchen bekommen, aber bitte in richtiger Größe, Lichtfarbe und Helligkeit (eine LED-Kette wäre unpassend). In den schlanken Brückenkörper integrierte ich also Lichtleiter aus Plexiglas-Rundstäben. Über einer Kerzenflamme bog ich sie und führe sie in die Kaimauer, das Lämpchen sitzt im Hohlkörper unter den Häusern. Der Kanal für die Lichtleiter wird noch durch den Brückenkopf abgedeckt. Die Geländersteher habe ich übrigens wirklich in Amsterdam gekauft, eigentlich sind sie für Modellsegelboote gedacht.

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Der Stand der Dinge: Das Eckcafe hat endlich seinen Wintergarten bekommen, das Hausboot von Artitec habe ich zusammengebaut und zu Wasser gelassen; Einige Details müssen ergänzt werden, vor allem an Stellen, wo das nächtliche Panorama sonst Lücken hätte. Das letzte was nun noch fehlt ist die Ausgestaltung des Kaufhauses im Hintergrund, die Bäume und einige Ausbesserungsarbeiten. Inzwischen konnte ich sogar die "Amsterdamtjes" - die typischen Poller, die jeden Gehsteig säumen - bei einem Kleinserienhersteller bestellen.

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Tja, und so endet dieser kleine Baubericht - Nach drei Jahren und einem forcierten Endspurt wurde mein kleines Stück Amsterdam tatsächlich fertig. Den ganzen November 2008 habe ich fast jeden Abend zwei Stunden gearbeitet, die letzten Details waren eine immense Arbeit. Endlich kann ich die Seite mit den Bildern des fertigen Dioramas füllen. Zeit wurde es, Weihnachten steht vor der Türe, und an der großen Anlage muss nun auch endlich wieder was weitergehen! Aber es ist noch nicht ganz überstanden: einige Kleinigkeiten fehlen immer noch, aber das ist wohl das Schicksal jedes Modellbahnprojekts: Fertig wird es nie - und eigentlich ist das eh gut so...

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Verwandtes Thema: Bilder des fertigen Dioramas

Alle Fotos zum einfachen durchklicken

Bauteile:

Holland Scale (Grachtenhäuser)
Faller (Grachtenhäuser)
Artitec (Boote)
Archidelis (Kunststoffprofile)
Preiser (Figuren, Inneneinrichtungen)
Busch (Blumen)

© Harald A. Jahn; letzte Änderung: 4.1.2021 - www.tramway.at


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